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EU-Mitgliedsstaaten stimmen für die Corporate Sustainability Due Diligence Directive

  • 24.04.2024
  • von Hanna Reimers
  • Grundsatzblog

Nach Verhandlungen und starker Kritik durch einige EU-Mitgliedsstaaten wurde am Freitag, den 15. März 2024 für die Corporate Sustainability Due Diligence Directive gestimmt, an welcher vor der Abstimmung erhebliche Änderungen vorgenommen wurden. Wird die Richtlinie verabschiedet, so wird in Deutschland höchstwahrscheinlich das Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz angepasst.

Das EU-Lieferkettengesetz

Wie bereits durch das Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz (LkSG) in Deutschland sollen europaweit großen Unternehmen Verpflichtungen in Form von Sorgfaltspflichten hinsichtlich tatsächlicher und potenzieller negativer Auswirkungen auf Menschenrechte und Umwelt, in Bezug auf ihre Tätigkeiten in der Lieferkette, auferlegt werden. Instrument hierfür soll die Corporate Social Due Dilligence Directive (CSDDD) sein. Die jeweils durch die Mitgliedsstaaten der EU in nationales Recht umzusetzende europäische Richtlinie soll einen Beitrag zum Übergang zu einer nachhaltigen Wirtschaft und zur nachhaltigen Entwicklung durch die Verhütung und Begrenzung potenzieller oder tatsächlicher nachteiliger Auswirkungen auf die Menschenrechte und die Umwelt in den Tätigkeitsketten von Unternehmen schaffen.

Bisher wurden Gesetze mit dieser Zielsetzung von wenigen Mitgliedstaaten vereinzelt erlassen. Nun sollen durch die CSDDD der Umfang und die Wirkung der Maßnahmen auf in der Europäischen Union vereinheitlicht werden, um so die Ziele besser zu erreichen und die Bedingungen für Unternehmen auf dem europäischen Binnenmarkt zu harmonisieren. Wird die Richtlinie verabschiedet, werden die Anforderungen der CSDDD auf die Gesetze der einzelnen Mitgliedsstaaten angewendet. In Deutschland wird demnach höchstwahrscheinlich das Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz angepasst.

Welche Unternehmen sind betroffen?

Betroffen sind grundsätzlich folgende Unternehmen oder Konzerne mit Sitz in den Mitgliedsstaaten:

  • Unternehmen der ersten Gruppe, die drei Jahre nach Inkrafttreten der Richtlinie betroffen sind, müssen mindestens 5.000 Mitarbeiter*innen sowie einen weltweiten Nettoumsatz von mindestens 1.500 Millionen Euro aufweisen.
  • Unternehmen der zweiten Gruppe, die vier Jahre nach Inkrafttreten der Richtlinie betroffen sind, müssen mindestens 3.000 Mitarbeiter*innen sowie einen weltweiten Nettoumsatz von mindestens 900 Millionen Euro aufweisen.
  • Unternehmen der dritten Gruppe, die fünf Jahre nach Inkrafttreten der Richtlinie betroffen sind, müssen mindestens 1.000 Mitarbeiter*innen sowie einen weltweiten Nettoumsatz von mindestens 450 Millionen Euro aufweisen.

Für Nicht-EU-Unternehmen gibt es ein ähnliches Phasing-In, auf das hier nicht näher eingegangen wird. Ebenso gibt es für Franchisemodelle eine Sonderregelung.

Die Ermittlung des Umsatzes richtet sich, sofern kein IFRS angewendet wird, nach der Bilanzrichtlinie 2013/34/EU. Leiharbeitnehmer*innen, entsandte Arbeitnehmer*innen und Halbzeitkräfte zählen hier als vollwertige Mitarbeiter*innen und werden in die Berechnung der Zahl der Beschäftigten des Unternehmens einbezogen. Maßgeblich sind hierbei die Vollzeitäquivalente. Das gilt auch für Muttergesellschaften, die unter Einbindung der Tochtergesellschaften die Schwellenwerte erreichen. Sollten Muttergesellschaften jedoch nicht an Management-, Betriebs- oder Finanzentscheidungen ihrer Tochtergesellschaften beteiligt sein und ihre Haupttätigkeit im Halten von Anteilen an operativen Tochtergesellschaften bestehen, können diese von den Sorgfaltspflichten befreit werden.

Das vor den finalen Änderungen bestehende Konzept zu den Hochrisikosektoren, welches auch kleinere Unternehmen einbindet, welche in speziellen Branchen agieren, in denen Menschenrechtsverletzungen wahrscheinlicher sind als in anderen, wurde komplett entfernt.

Besondere Sorgfaltspflichten

Neben der im Vergleich zum LkSG ausgeprägteren Liste der geschützten menschenrechtlichen und umweltbezogenen Rechtspositionen wird es durch die CSDDD die Sorgfaltspflichten im Bereich der Anpassung an den Klimawandel geben. Die Richtlinie gibt vor, dass Unternehmen einen Übergangsplan für die Eindämmung des Klimawandels annehmen und umsetzen, der sicherstellt, dass ihr Geschäftsmodell und ihre Strategie mit dem Übergang zu einer nachhaltigen Wirtschaft und der Begrenzung der globalen Erwärmung auf 1,5 °C im Einklang stehen.

Dies sollte im Einklang mit dem Pariser Abkommen und dem Ziel der Klimaneutralität gemäß der Verordnung (EU) 2021/1119 (Europäisches Klimagesetz) stehen, einschließlich der darin festgelegten Zwischen- und 2050-Ziele für die Klimaneutralität. Der Plan sollte gegebenenfalls die Aufstellung des Unternehmens gegenüber kohle-, öl- und gasbezogenen Tätigkeiten berücksichtigen und Umsetzungsmaßnahmen zur Erreichung von zeitgebunden Klimazielen des Unternehmens enthalten, die auf soliden wissenschaftlichen Erkenntnissen basieren. Diese Ziele sollen sich auf das Jahr 2030 und in Fünfjahresschritten auf das Jahr 2050 beziehen. Um doppelte Berichtspflichten zu vermeiden, werden Unternehmen, die die Richtlinie über die Nachhaltigkeitsberichterstattung von Unternehmen (CSRD) einhalten, von der Verpflichtung zur Annahme eines Klimaübergangsplans ausgenommen.

Die Einhaltung dieser Sorgfaltspflichten wird für alle betroffen Unternehmen gleichermaßen gelten, demnach auch für den Finanzsektor.

Haftung

Die Richtlinie sieht eine zivilrechtliche Haftung vor. Opfer negativer Auswirkungen bekommen die Möglichkeit, Schadenersatz zu erhalten für Schäden, die dadurch entstanden sind, dass das Unternehmen vorsätzlich oder fahrlässig unterlassen hat, potenzielle negative Auswirkungen zu verhindern und abzumildern oder tatsächliche Auswirkungen zu beenden und ihr Ausmaß zu minimieren. Es gibt eine Frist von mindestens fünf Jahren, innerhalb derer Betroffene ihre Ansprüche geltend machen können, unter bestimmten Bedingungen auch von Gewerkschaften oder Nichtregierungsorganisationen.

Die kontrollierenden Instanzen, die durch die Länder eingerichtet werden, können nach Richtlinie Geldbußen in Höhe von 5 % des weltweiten Nettoumsatzes des Unternehmens verhängen. Sollte den monetären Sanktionen nicht Folge geleistet werden, ist eine öffentliche Erklärung, in der das verantwortliche Unternehmen und die Art des Verstoßes genannt werden, vorgesehen.

Definition der Lieferkette

Die Lieferkette wird durch die CSDDD als "Kette von Tätigkeiten" definiert. Diese Definition beinhaltet grundsätzlich die gesamte Wertschöpfungskette, d.h. alle Tätigkeiten der vorgelagerten Geschäftspartner eines Unternehmens im Zusammenhang mit der Herstellung von Waren oder der Erbringung von Dienstleistungen. Auch sind inbegriffen die Tätigkeiten der nachgelagerten Geschäftspartner eines Unternehmens im Zusammenhang mit dem Vertrieb, der Beförderung und der Lagerung des Produkts. Eine Ausnahme gilt jedoch hier für den Finanzsektor, hier gilt nur der vorgelagerte Teil, d.h. die Lieferkette.

Ausblick

Sollte das EU-Parlament der Richtlinie final zustimmen, könnte die EU-Richtlinie im April oder Mai 2024 veröffentlicht werden. Diese tritt dann 20 Tage nach Veröffentlichung in Kraft. Die Mitgliedsstaaten haben zwei Jahre nach Inkrafttreten der Richtlinie Zeit, diese auf nationales Recht anzuwenden.

Quelle: https://www.europarl.europa.eu/meetdocs/2014_2019/plmrep/COMMITTEES/JURI/DV/2024/03-19/8_ANNEXCOREPERletterCSDD15_03_2024_EN.pdf

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